Donnergrollend ballt ein
Sturmgewitter
Wolken, mit dem
Feuerflammenstrahl
Fährt vom Firmment zum
Erdenthal
Gedankenschnell der Blitz, des
Todes Ritter:
Siehst Du nun des schwachen
Strauchs Gezitter!
Ein Bild des Memmensinns und
seiner Qual!
Es graust ihm vor dem grellen
Wetterstrahl,
Der Tod, den er ihm dräuet,
dünkt ihm bitter!
Die Eiche aber dort rauscht froh
entgegen
Dem Strom vom Himmel, der sie
soll erquicken,
Und ihre Wurzeln thau’n von
Gottes Segen.
Ihr gleicht ein Mannesherz,
das unverlegen
Blickt in der Feinde grimmes
Schwerterzücken,
Kraftvoll greift die Faust zum
eig’nen Degen.
I.
Ein Mensch ist der Bandit mit
gift’gem Stahle,
Der sichs für schnödes Gold
zum Mord verdingt,
Wie, der für’s Vaterland den
Degen schwingt;
Mensch leibt der Geistesheld
am Marterpfahle;
Mensch heißt hier der
vertierte Kannibale,
Der seinem Fetisch grause
Opfer bringt,
Und dort ein Christ, der
heil’ge Hymnen singt,
Gestärkt vom Gnadentrunk aus
lautrer Schale!
Sag, schuf der Schöpfer sich
zum Ebenbilde
Sie alle, die das Antlitz
aufrecht tragen,
Emporzuschau’n zum ew’gen
Sterngefilde?
Und kam Dir’s nie in Sinn und
Herz, - zu fragen,
Ob Schuld an seiner Tierheit
trägt der Wilde,
Und ob der Sünder ewig zu
beklagen?
II.
Schaust Du der Menge mühsam
eitles Trachten,
Wie sie verschwendet bis zum
Überdruß
Unedlen Schweiß für niedrigen
Genuß,
Begnügst Du Dich, sie stolz
nur zu verachten?
Droht nicht vielmehr Dich
Zweifel zu umnachten,
Ob nicht desselben Todes
kalter Kuß
Uns alle senkt zum trüben
Lethefluß,
Gleichviel, ob wir gemein, ob
edel dachten?
Ist Cäsars lorbeerkranzgeschmückte
Stirne
Nicht gleichermaßen Staub und
Lehm geworden,
Wie jene Thoren, die ihn
sollten morden?
Und muß ein reines Herz voll
Lieb’ und Treue
Nicht minder brechen wie das
Herz der Dirne,
Die sich den Lüsten preisgiebt
ohne Reue?
III.
Doch wolle nicht auf
Zweifelswogen schwanken!
Senke die Anker in den festen
Grund
Des Christusglaubens, - und im
Kern gesund,
Wird Deine Seele fortan nicht
mehr kranken!
Unfaßbar sind die ewigen
Gedanken
Allvaters, wie des Äthers
lichtes Rund:
Doch, wie sein Weltbau weder
First noch Grund.
So kennt auch seine Liebe
keine Schranken!
Ein Schächer selbst, in Sünden
schier versteint,
Ward noch am Kreuz zu bess’rem
Sein erkoren,
Ward noch im Tode mit dem
Herrn vereint.
Drum dies halt’ fest! In Gott
ist Nichts verloren,
Und was dem Tode hier
verfallen scheint,
Wird dort zu höh’rem Dasein
neugeboren!
IV.
Die Tropfen, die aus Jesu
Wunden quillen,
Sie sind der Born, der
nimmermehr versiegt:
Das Böse triumphiert und
unterliegt
Doch in sich selbst, ein Nichts,
nach Gottes Willen.
Das Gute aber wächst, gedeiht
im Stillen,
Es triumphiert nicht laut,
allein es siegt,
Wenn es geduldig sich zum
Opfer schmiegt
Am Kreuz, von dem die heil’gen
Tropfen quillen.
Denn diese Tropfen stillen
alles Leid;
Und an dem Kreuz verstummen
alle Klagen,
Und vor dem Kreuze schweigen
allen Fragen.
Das Böse ist ein Schatten
dieser Zeit,
Es schwindet vor dem Licht der
Ewigkeit
Hin wie ein Traum aus trüben
Erdentagen.
V.
Dein Leben sei ein rastlos
ernstes Streben
Zum Dreigestirn des Wahren,
Guten, Schönen!
Mag auch die Menge Dich als
Schwärmer höhnen,
Wag Du es kühn zum Flug Dich
zu erheen!
Hoch wirst Du denn im lichten
Aether schweben,
Dich zugesellen freien
Göttersöhnen,
Beseligt lauschen all’ den
Wonnetönen,
Die durch die Sphärenharmonie
des Weltalls weben!
Nicht fürchte jähen Rücksturz
in die Tiefe,
Wie Dädalus mit wachsgefügten
Schwingen,
Die vor der Sonne Strahlenkuß
zergingen!
Denn Du vertraust Dich einem
Hyppogryphe,
Des Fittiche, entrückt der
Erde Schatten,
Im hellsten Strahlenglanze
nicht ermatten.
I.
Es nahte sich die Sonne ihrem
Ziele;
Zur Seite stand ich Dir, der
Thränen Fluten
bekämpfend, die hervorzuheben
drohten,
Gelöst von bittrer Trennung
Schmerzgefühle,
Im Garten blühten rings der
Rosen viele,
Die weiß wie Schnee, die rot,
wie Flammengluten;
Zum Abschied, hofft’ ich, eine
von den roten
Solltest Du brechen mir vom
dorn’gen Stiele.
Doch ach! Du botest mit
erzwungner Kühle
Mir Lebewohl, - und nun ich selbst
mir eine
Brach, - da entfielen der die
duft’gen Blätter,
Sei’s weil sie welk geworden
in der Schwüle,
Sei’s, weil sie losgelöst vom
Regenwetter,
- Ihr glich ein
sturmentblättert Herz, - das meine!
II.
Doch ob der Sturm entblättert
hat die Blüten,
– Wurzelt nur tief und
lebenszäh im Grunde
Der Rose Stamm, – so läßt der
kerngesunde
Bald frische Knospen folgen
den verblühten.
Auch Du, wenn Hoffnungen Dir
sich verfrühten,
wenn Dir die Zeit schlägt eine
tiefe Wunde,
Vertraue noch! Gott mag in
später Stunde
Dir den Verlust mit süßrer
Lust vrgüten.
Als einst die Welt von neuem
Chaos träumte,
Da tauchte, wie das Meer
wildbrausend schäumte,
Der Schönheit Göttin aus der
dunklen Flut.
So muß die dunkle Nacht dem
Tage weichen,
Und wenn des Morgensternes Strahlen
bleichen,
Flammt rosig auf Auroras
Purpurglut.
III.
Oft weil’ ich schlaflos noch
in stillen Nächten,
Wenn Dich längst holde
Traumgewind’ umranken;
Wenn And’rer Sorgen längst vom
Lethe tranken,
Muß ich allein mit meinem
Schmerze fechten.
O Liebesschmerz! O Fesseln,
die mich knechten!
Vergebens stürm’ ich gegen
Deine Schranken:
Gefesselt sind des Geistes
Kraftgedanken,
Gekettet ist mein Herz von
höh’ren Mächten!
was frommt es mir, mit dem
Geschick zu rechten,
Das ihr zu eigen gab mein
ganzes Wesen
Seit jener längst von ihr
vergess’nen Stunde?
Ein Kränzlein von Sonetten
will ich flechten,
Sie mag es einst in stiller
Stunde lesen,
Ermessen d’raus die Tiefe
meiner Wunde.
IV.
Ach, ahntest Du die Schmerzen,
welche wühlen
In diesem Herzen, daß Du jetzt
verachtest,
Nachdem Du selbst die
Flammenglut entfachtest,
Die keines Trostes
Balsamtropfen kühlen!
Ach ahntest Du den Aufruhr von
Gefühlen,
Den Du in dieser Seele Frieden
brachtest,
Da Du sie anfangs täuschtest,
dann verlachtest,
Du würdest, wenn nicht Liebe,
- Mitleid fühlen!
O frage nicht, woher dies zage
Klagen
Dem frischen Mut, den jüngst
noch Lorbeern riefen,
Für den geschirrt schon stand
des Ruhmes Wagen:
– Du hast ein edles
Saitenspiel zerschlagen,
Darinnen stolze Heldenlieder
schliefen,
Wie sonn’ge Perlen in des
Meeres Tiefen!
V.
Mich schuf Natur nicht aus
gemeinen Stoffen!
Auf hohe Ziele war mein Geist
gerichtet;
Dem Wohl der Menschheit fühlt’
ich mich verpflichtet
Und meinen Busen schwellte Mut
und Hoffen!
Schon träumt’ ich Wallhalls
Heldensaal mir offen!
Der Zukunft Dunkel schien mir
hell gelichtet;
Da hat ein Wetterstrahl den
Mut zernichtet,
Hat lähmend mich ein jäher
Blitz getroffen.
Du, meines Strebens einz’ges
Himmelszeichen,
Du, der als Königin in meinen
Reichen
Ich still gehuldigt, hießest
schroff mich weichen,
Verwarfest mich wie ein
verwelktes Blümchen,
Wie man vom Tische fegt ein
trock’nes Krümchen,
Zur Seit’ hängt ein
verbrauchtes Ballkostümchen!
VI.
Es schwebte stolz vor and’ren
Schmetterlingen
Ein Falter lenzesfroh im
Sonnenscheine;
Ein schönes Kind erblickte ihn
am Raine
Und freute sich der farbig
bunten Schwingen.
Und froh begann’s zu haschen
und zu springen;
Der Falter sah’s; berauscht
vom Blütenweine,
Dacht’ er: mit Wonnen, Kind,
werd’ ich der Deine,
Und ließ dem hashenden den
Fang gelingen.
Weh ihm! Wie ward enttäuscht
sein trunkner Glaube!
Wie unsanft ward sein
Flügelpaar zerdrückt!
Und sterbend liegt er nun auf
welkem Laube,
Der eitle Schwärmer! wähnte
sich beglückt
Von Liebe, nun entfärbt vom
Erdenstaube
Sieht er erst ein, daß
Spielsucht ihn zerpflückt.
VII.
Von Freundschaft sprachest Du
in schön’ren Tagen,
Mit sanftem Händedruck ward
sie beschworen,
Mit wonn’gem Wunsche lauschten
meine Ohren
Und auch mein Herz, – das muß ich
nun beklagen!
Denn, als ich kühn vermeint’,
ich dürft’ es wagen,
Dir zu vertrau’n, daß ich Dich
auserkoren
Von Vielen, schaltest Du mich
einen Thoren
Und ließest Herbes mir durch
And’re sagen.
Gefahrvoll ist’s, mit Herzen
Spiel zu treiben;
Denn jedes Spielzeug kann am
Ende brechen
Und an dem Unvorsicht’gen wird
sich#s rächen!
Ein Rosenblatt kannst Du zu
nichts zerreiben,
Sein zarter Duft wird Dir am
Finger bleiben,
Wie diese Verse noch von Liebe
sprechen.
I.
Die jüngst für sich nur einsam
durften klagen
Von Liebesgram in nächtlich
stillen Stunden,
Wenn brennend heiß das Blut
sich aus den Wunden
Ergoß, die Amors Waffe mir
geschlagen,
Nun dürfen die Sonette ohne
Zagen
Dir nah’n, Geliebte, und Dir
unumwunden,
Was je dies Herz an Schmerz
und Lust empfunden
Und alles, alles, was ich
denke, sagen.
Erhört hast Du der Liebe
heißes Flehen;
Noch glüht Dein süßer Kuß auf
meinen Wangen,
Von denen Todesblässe er
vertrieben!
Verjüngt atm’ ich der
Frühlingslüste Wehen,
Gelöst ist all des Winters
Frost und Bangen,
Erneut hast Du mein Leben
durch Dein Lieben!
II.
Erneut mein Leben: So wenn
neue Säfte
Im Frühjahr in die
Wurzelfasern dringen,
Bevor die ersten jungen
Knospen springen,
Verspürt der Baum im Innern
neue Kräfte;
So läßt der Seemann, wenn er
das entreffte
Schiffstakelwerk sieht in den
Lüften schwingen,
Den Anker froh des Hafens
Grund’ entringen,
Und sorgt, daß man aufs Neu
die Segel heffte!
Bald wird der Baum im
Blätterschmucke prangen
Und Blütenschnee, und aus den
duft’gen Zweigen
Durchbricht die Nachtigall der
Nächte Schweigen!
Bald läßt der Seemann ohne
Furcht und Bangen
Vom vollen Wind die weißen
Segel schwellen
Und fliegt dahin auf
schaumgekrönten Wellen!
III.
Erneut mein Leben! Sieh, im Sonnenglanze
Lacht hell die Flur, und zum
verlass’nen Neste
Kehrt schon zurück das Volk
beschwingter Gäste
Vom Vaterland der Myrt’ und
Pomeranze.
Der Sieger Lenz warf seine
letzte Lanze
Dem Winter nach, der nun zu
seiner Veste
Gen Norden flieht! – Sieh, wie zum Osterfeste
Natur sich schmückt mit einem
Blumenkranze!
Rings geben uns die Knospen
und die Keime
Ein Sinnbild, wie voreinst aus
Todesbanden
Der Heiland und Erlöser uns
erstanden!
Dir aber mögen diese zarten
Reime,
Geliebte, davon süße Kunde
geben,
Wie mir durch Dich erblüht ein
neues Leben!
IV.
Als einst in gleicher
Flammenglut entbrannte,
Wie Dir mein Herz, - für eine
engelreine
Maid, die sein Dichterauge als
die eine,
Urzeitlich ihm bestimmte Braut
erkannte, -
Beatrix war’s, die ewig nun
genannte,
Die jetzt, verklärt von
lichtem Glorienscheine,
Mit ihm durchschwebt des
Paradieses Haine,
– Da dichtete sein „neues
Leben“ Dante.
So will ich Dir mein „neues
Leben“ singen,
Und meine Seiten werden nimmer
springen,
So lang’ Dein Auge nur mir
Beifall winkt!
Nur woll’ in Einem nicht
Beatrix gleichen!
O wolle eher nicht von hinnen
weichen,
Als bis mit Dir mein Geist
sich aufwärts schwingt!
V.
In eine See voll Leid wollt’
ich versinken;
Schon hat ich angestimmt mein
Schwanenlied: -
Doch nun mein Aug’ umflort zum
Ufer sieht,
Sieht’s eine Hand von dort wie
flehend winken.
Aus düstren Wolken scheint ein
Stern zu blinken,
Der ach! wer weiß, wie bald
doch wieder flieht!
- Nun, da’s mich schon mit
Macht zur Tiefe zieht,
Soll ich noch einmal kämpfen
mit Ertrinken?
Ermattender, willst Du’s noch
einmal wagen.
Ob Dich die Wogen bis an’s
Ufer tragen,
Wo alles Leiden endigt, alles
Klagen?
Willst Du noch einmal durch
die Brandung schwimmen,
Den schroffen Klippenstrand
nochmals erklimmen,
Verstimmtes Saitenspiel noch
einmal stimmen?
VI.
Ich will’s! will alle Kraft
zusammenraffen,
Auf’s Neue mit den wilden
Wogen ringen,
Die brausend schon das Lied
vom Sterben singen,
Als wähnten sie, ich müsse
jetzt erschlaffen!
Ein harter Mut kann selbst das
Schicksal zwingen;
Erst als Alkmenes Sohn mit
seinen Waffen
Die Welt von Ungeheuern rein
geschaffen,
Durft’ er sich aufwärts zu den
Göttern schwingen!
Sei’s denn gewagt! Der Preis
ist nicht zu teuer;
Kein Lorbeerkranz zwar ist als
Ziel gestellt,
Auch keiner gold’nen Krone
gleißend Feuer!
Das Eine Ziel, das mir die
Zukunft hellt,
Du bist es, die Du sagen
sollst: „Getreuer!
Dich lieb ich, weil Du mich
liebst, wie ein Held!
VII.
Ich wollt’, wir lebten noch in
jenen Zeiten,
Wo Schwert und Schild des
Ritters Zeichen war,
– Mir Ehr’ und Ruhm zu suchen
in Gefahr,
Würd’ ich hinaus zum heil’gen
Lande reiten!
Dann dürft ich wohl für Deine
Farben streiten,
Am Helm ein Band aus Deinem
gold’nen Haar, -
Und hätt’ ich Tag’s gefochten,
wie ein Aar,
Als Barde schlüg’ ich Abends
wohl die Saiten!
Wie anders würde dann mein
Lied erklingen!
- Bald wild und rauh, wie
schart’ger Klingen Springen,
Bald mild und süß, wie Nachtigallen
singen!
Sag! Kehrt’ ich dann zurück
ans blut’gen Kriegen,
Ruhm überstrahlt von manchen
schönen Siegen,
Dürft’ ich mich huld’gend Dir
zu Füßen schmiegen?
VIII.
Doch uns’re Zeit trägt leider
and’re Mienen;
Such’, nicht nach Rittern selbst
vor königsthronen;
Die Welt kennt jetzo Bienen
nur und Drohnen,
Die nicht der Ehre, doch dem
Mammon dienen.
Da steht sie, stolz auf ihre
Dampfmaschinen
Und stolz auf fernhintreffende
Kanonen,
- Wo bleibt ein Platz, um frei
vor ihr zu wohnen?
Auch Deiner Ahnen Burg sank in
Ruinen!
Doch ist noch Raum, für’s Gute
drin zu fechten,
Und ein von Gottes Schwert
geschlag’ner Ritter,
Zu steh’n vor Volk und Fürst,
vor Herrn und Knechten.
Nicht tracht’ ich drum nach
Orden, Glanz und Flitter,
- Als Dein Vasall nach
ritterlichen Rechten
Bräch’ ich der Lanzen viele
gern in Splitter!
IX.
Du sagtest einst, ich sei der
lichte Mond
Am Sternenhimmel Deiner treuen
seele,
Ein Mond, der nie sich hinter
Wolken stehle,
Ein Mond, der stets im
reinsten Glanze thront!
Du sagtest einst, ich sei der
lichte Mond,
Vor dessen Silberblick sich
nichts verhehle,
Was lebt und webt in Deiner
treuen Seele,
was Dir im tiefsten
Herzensgrunde wohnt!
Ich bin’s, - doch wisse, Du
bist meine Erde,
In deren Zauberkreis der Mond
gebannt,
Auf ewig, daß er niemals
untreu werde!
Stets ist sein Angesicht ihr
zugewandt,
Auch seinen Nächten spendet
Licht die Erde!
Doch beiden wird ihr Licht von
Gott gesandt!
X.
Gott ist die Sonne, uns’res
Lebens Quelle!
Die Erde, Sterne und der Mond
umkreisen
In festbestimmten regelrechten
Gleisen
Die sonne, und von dort stammt
ihre Helle.
Sieh, keines Weltorkans
Vernichtungswelle
Läßt sie aus ihren Bahnen je
entgleisen!
Sieh her! wie sicher durch den
Raum sie reisen,
Die Erde und ihr treuer
Pfadgeselle!
So wir, auf gottgegeb’nen
Bahnen gleiten
Vereint wir durch den Ozean
der Zeiten,
In gleicher Gottesliebe
ungetrennt;
Und auch der Tod wird, wie ein
Schattenschemen
Uns für ein Weilchen nur die
Helle nehmen
Des Sonnenlichts, das kein
Erlöschen kennt!
XI.
Am Finger strahlet mir mit
gold’nem Scheine
Ein Ringlein, drauf - , der
eine meeresgrün,
Der and’re flimmernd rot, wie
Abendglühn,
Gleich Doppelsternen flimmert
ein Paar Steine.
Dies Ringlein gabst Du mir, Du
süße, reine,
Der meine schönsten
Hoffnungsträume blühn;
Der meines Herzens Feuerfunken
sprühn,
- Zum Zeichen, daß fortan ich
sei der Deine!
Dies Ringlein sei mein Trost
in trüben Stunden;
Wie Dichtergeist in edlen
Feuerweinen,
Geheimer Zauber schlummert in
den Steinen;
Der bannt vom Herzen alle wilden
Triebe,
Der hält mich treu an Deine
Huld gebunden,
Als ein Symbol der Hoffnung
und der Liebe.
Wohl las ich viel von edlen
Frauenseelen,
Von
Porcia, Cornelia, Thusnelden
Und anderen, davon die Dichter
melden;
Dann dächt’ ich stets, ich
will es nicht verhehlen:
Daß solche Frauen unsern
fehlen;
Gedankenleer fand ich die
schönsten Köpfe,
Geschaffen, nur zu tragen
dichte Zöpfe,
Doch nicht der Frauenwürde
Kronjuwelen!
Da, Mutter, kehrt’ ich heim,
bei Dir zu finden,
was ich vergeblich suchte in
der Ferne!
dein Herz war eins mit meines
Daseins Kerne:
Verständnis bot Dein sinniges
Empfinden
All meinem Denken, treuer als
der Sterne
Ihr Spiegelbild im
Meeresspiegel finden.
I.
Dem ersten Schmerz, dem heilig
ernsten tiefen,
Soll nicht der Trost, - sei’s
auch der Liebsten, - nah’n;
Ihn trösten wollen, -
zudringlicher Wahn!
Wart’ ab, bis milder erst die
Thränen triefen!
Wem je versunken ist in Deine
Tiefen,
O Grabesgruft, ein Liebstes, -
stummer Schwan,
Des echten Schmerzes Sinnbild,
folg’ dem Kahn
Des Charon, dem doch nimmer
Einhalt riefen
Die Klagelaute, die vom Ufer
geller,
Die Arme, die sich zum Gebet
erheben, -
Auf finstrem Strome, dessen trübe
Quellen
Viel Thränen sammeln, wie der
Menschheit Leben
Sie weint, wenn Schicksalsnot
die Parzen weben;
- Folg’ schweigend ihm auf des
Cocytos Wellen!
II.
Verachtung nur gebührt den
Dichterlingen,
Die an der Bahre schon die
Totenklagen
Kunstvoll gefühllos
anzustimmen wagen,
Daß sträubend fast der Leyer
Saiten springen.
Es fehlen solchem Sang des
Schwanes Schwingen,
Der nach dem Heimgeleit, empor
getragen
Vom Thränenstrom zum
Wlkenflor, mit Zagen
Des Schmerzes Schweigen
endlich löst in Singen,
In Singen, - nicht, daß
drunten man ihn höre,
In Singen, weil ein Gott es
ihm verlieh,
Verzweiflung in Entsagung
auszutönen,
Die Sehnsucht zu verklären,
daß sie nie
Das Bild verliert, daß sich
umflort verlöre,
Müßte der Thränen sie sich
nicht entwöhnen.
III.
Jetzt, da die Trauerglocken
längst verklungen,
Nachdem vorbei der anbefohl’ne
Brauch,
- Nicht mehr mit Crep am Arm
sich jeder Gauch
Bekleidet, weil es Mode,
halbgezwungen;
Nachdem verstummt der
Leichenpred’ger Zungen,
Verzogen der Gefallsucht
myrrhenrauch,
Da längst die frischen
Blumenspenden auch
Verwelkt sind, die man um sein
Grab geschlungen:
Jetzt erst erkennbar ist die
wahre Trauer
Der Guten, die nach Wochen
nicht bemißt
Den tiefen Schmerz von
unbeschränkter Dauer,
Die Liebe, die des Toten nie
vergißt,
Die in der Einsamkeit nicht
einsam ist,
Ergriffen von der Geistesnähe
Schauer.
IV.
Gewandelt war ich durch der
heimat Haine,
Gedankenschwer, und von den
zukunftsloosen
Des Vaterlands bewegt, beim
Hünensteine
Saß ich noch spät inmitten
wilder Rosen,
Dort wo einst Wittekind, der
Held, und seine
Gewalt’ge Heerschaar unter
Waffentosen
Und Schildgedröhne pflegten
auszulosen
Den Heerbann, bei des Neumonds
mattem Scheine;
Und träumend ruht’ ich, auf
der Eichen Rauschen
Und auf der Quelle Murmeln nur
zu lauschen.
Da trat ein hohes Weib aus
Waldesdunkel
Zu mir heran; es strahlt’ wie
Sterngefunkel
Ein Stirnband, das die
Schläfen ihr umkränzte,
Ein Saitenspiel in ihren
Händen glänzte.
V.
Vom Scheitel floß dicht goldiges
Gesträhne
Des ungeflochtnen Haars zum
Gürtel nieder,
Ein Panzerkettenhemd
umschmiegt’ ihr Mieder;
Am Gürtel hing ein Schwert, -
am Aug’ die Thräne.
- Die Muse Deutschlands war
es, wie ich wähne.
Die Mutter alter freier
Heldenlieder,
Die Walafrau, der Ohdin seine
Pläne
Vertraut, um deren Ohren das
Gefieder,
Das schwärzliche der Raben
Ohdins, schwingt,
Wenn sie, wie damals auf dem
Hünensteine
Um mitternacht sich
niedersetzt und singt.
Der ich ihr dort zu Füßen saß
am Raine,
Den Nachklang biet’ ich hier
Euch, der durch meine
Von ihrem Sang ergriff’ne
Seele klingt:
VI.
„Längst lagern schwarze
Wolken, schwere Wetter
Am Horizonte meines
Vaterlandes,
Vom Wasgan bis zum Haff des
Ostseestrandes
Graust’s oft wie Sturmesahnung
durch die Blätter.
Es naht die Zeit, von der die
Runenletter
Geheimen Sinns prophetischen
Verstandes
Der Menschheit droht, die Zeit
des Weltkriegbrandes,
Da nur ein scharfes Schwert
des Volkes Retter,
Des Volkes Retter sein soll
vom Verderben,
Wenn mit der höllenkunst künstlichsten
Waffen,
Die Lokirs List ersonnen und
erschaffen,
Mit Mordmaschinen, die den
Donn’rer höhnen,
Vor deren Knall die
Bergesriesen stöhnen,
Um Tod und Sieg die Nationen
werben.
VII.
In diesem Krieg wird nur ein
Volk bestehen,
Das nicht der Freiheit feig
die Ehre bricht,
Und das, getreu der Wahrheit
und dem Licht,
Der Morgensonn’ ins Auge wagt
zu sehen.
Der Geist des Fortschritts und
sein Sturmeswehen
Wird niederwerfen jeden
kranken Wicht,
Dem durch die Glieder schlich
der Knechtschaft Gicht,
Daß morsch er ward vom Wirbel
zu den Zehen.
Die Siegespalm’ ist nicht
bestimmt für Sklaven;
Die Freiheit ist es, die ihr
Reich will gründen
Auf Heldenblut gesättigten
Gefilden!
Als Rachegöttin naht sie,
streng zu strafen
An jedem Volk Europas seine
Sünden
Und Raum zu schaffen edleren
Gebilden!
VIII.
Nicht fürcht’ ich Euch, ihr
feuerzüngelnden Drachen!
- Die Schlange fürcht’ ich,
die im Finstern kriecht,
Die Krankheit fürcht’ ich,
dran die Mannskraft siecht,
Wenn sich ins Fäustchen feige
Memmen lachen,
Den unsichtbaren Hauch, der
aus dem Rachen
Der Hölle sich auf
Vampyrschwingen wiegt,
Der sich in edler Seelen
Wohnung schmiegt,
Sollt’ auch ein Ekkehard ihr
Thor bewachen.
Die Schlange fürcht’ ich, die
Verrat zu stiften,
Von Anfang schwur, dem
göttlichen Vollbringen,
Die in die Knospen schleicht
als Todeswurm!
Des Edlen Seele kann sie nicht
vergiften,
Doch konnte sie des Helden
Leib bezwingen,
Der einst in Schlachten stand
stark wie ein Turm!
IX.
Die Schlange, die Laokoon
zerrissen,
Entriß auch ihn uns, der vom
heil’gen Grale
Ein Ritter, gottgeweihte
Ideale
Im Herzen barg und seines
Volks Gewissen.
Gewillt war er, das Banner
hoch zu hissen
Auf höchster Zinne, das so
lang im Thale
Wir bergen mußten; - doch, aus
bitt’rer Schale
Mit Leid getränkt, nun starb
er in den Kissen.
Um seines Streben letztes Ziel
betrogen,
Den würdigsten des schönsten
Lorbeerreisers
Sah’n unsern Friedrich wir gen
Wallhall flieh’n.
- Ein Zeichen schien es fast,
Du sei’st, gewogen,
Mein Volk, - zu leicht
befunden worden eines Kaisers,
Der Dich zur Freiheit dachte
zu erzieh’n!
X.
Weh Dir mein Volk, wenn Deiner
Jugend Träume
Selbst Jünglinge mit Flaum am
Kinn verlachten!
- Mit greisenhaftem Unverstand
verachten,
So scheint’s, sie heil’ge
Hoffnungen als Schäume.
Entrüstet schütteln drob die
Eichenbäume,
In deren Schatten wir Gelübde
brachten
Den Jahrestagen alter
Freiheitsschlachten,
Die alten Häupter, und die
Sternenräume
Vernehmen ihr Gelüster, und
wie Klagen
Durchhallt ein Echo lichte
Himmelssitze,
Auf denen großer Ahnen Geister
thronen;
- Aus Wolkenknäu’ln seh’ ich
gespenst’ge Blitze
Noch lautlos schwefelgelbe
Zacken schlagen
Nach jenen Zinnen, wo die
Spötter wohnen.
XI.
O Macht des Bösen! Wenn die
Völker kranken,
Wird Freiheit siech, welk
Schönheit, Wahrheit blind,
- Wie eine Raupe sich um Rosen
spinnt,
Schlägt plumper Wahn in
Fesseln den Gedanken!
O Schicksalsnacht, vor der die
Säulen sanken
Der Tempel von Athen, Rom und
Korinth,
Macht der Zerstörung, deren
Sturmeswind
Dem Schiff des Staates rüttelt
an den Planken!
Der Dejanira liehst Du dein
Gewand,
Das giftige, um Herakles zu
töten;
Du strecktest meuchlings
nieder in den Sand
Achills und Siegfrieds Stärke,
ihn zu röten
mit edlem Herzblut; - Du
füllst uns mit Nöten
Und Kümmernis den Kelch jetzt
bis zum Rand.
XII.
Nun schreit der Uhu wieder auf
den Gassen ;
Froh, daß ein Königsadler
nicht mehr lebt,
Vor dessen starken Fängen er
gebebt,
Schwelgt in Verläumdungen sein
Neid und Hassen.
Stumm aber zieht der Schwan,
stolz und gelassen
Am Ufer hin, bis daß er kühn
sich hebt.
- Dann tönt sein Sang, vom
Zorn und Schmerz gewebt,
In Wolkenhöh’ unhörbar tauben
Massen.
Hoch am Zenith, besetzt mit
Funkelsteinen
Schwebt eine Leyer, die Apoll
geschlagen,
Um Daphnes Tod zu singen,
nicht zu weinen:
In deren Nähe hoch
emporgetragen,
Mit deren Klängen sucht der
Schwan zu einen
Um Kaiser Friedrichs frühen
Tod sein Klagen.“